Vom Chef begrapscht

Schon immer wollte K. Tischlerin werden. Nach langer Suche hat sie nun endlich eine Lehrstelle gefunden. Die Arbeit gefällt ihr gut, das Betriebsklima ist super, ihr Vorgesetzter sehr entgegenkommend.

Eines Tages macht dieser aber plötzlich Bemerkungen über ihren Busen, und an der Werkbank kommt er ihr körperlich näher als nötig. K. ist überrascht und verunsichert - und schweigt betreten.

Lehrlinge werden überdurchschnittlich oft sexuell belästigt. Sie befinden sich in einer beruflichen Position, die sie besonders verletzlich macht und in der sie bei Gegenwehr negative Konsequenzen befürchten (müssen). Die Jugendlichen müssen dabei nicht unbedingt über längere Zeit in die Enge getrieben werden, auch ein einmaliger Übergriff ist entwürdigend.

Sexuelle Belästigung reicht von verbaler Anmache bis unerwünschten Berührungen

Als Übergriff sind nicht nur anzügliche und peinliche Bemerkungen über das Äußere oder unerwünschte Berührungen zu verstehen, so wie es K. erlebt hat. Auch herabwürdigende Blicke und Gesten, sexistische Witze und Sprüche, wiederholte unerwünschte Einladungen, unerwünschten
Körperkontakt und aufdringliches Verhalten, Annäherungsversuche, insbesondere solche, die mit dem Versprechen von Vorteilen und dem Androhen von Nachteilen einhergehen, fallen unter sexuelle Belästigung.

Genauso wie beim Mobbing, funktionieren Anmache und Belästigung am Arbeitsplatz, weil die Betroffenen zunächst völlig überrascht und unvorbereitet sind und weil die Kollegen und Kolleginnen so tun, als hätten sie nichts mitbekommen. Oftmals schlagen sie sich sogar aus Angst oder Bequemlichkeit auf die Seite der belästigenden Person.

Was kannst du tun, wenn du am Arbeitsplatz sexuell belästigt wirst?

Es hat sich gezeigt, dass es nichts bringt, wenn man die Annäherungsversuche ignoriert, scherzhaft mit der Situation umgeht oder der Person zukünftig aus dem Weg geht. Die Belästigungen gehen dann meistens weiter. Hier einige Tipps, die dir helfen können, dich zu wehren:
 
  • Stelle möglichst bald klar: „Damit bist du zu weit gegangen. Das will ich nicht.“ Denn bei allen Formen von Übergriffen gilt: je länger sie hingenommen werden, umso schwieriger ist es, sie zu unterbinden.
  • Wehre dich körperlich, wenn du selbst körperlich angegriffen wirst, z.B. wenn du begrapscht wirst.
  • Folgende Sätze können hilfreich sein: „Hören sie auf! Ich will das nicht! Stopp, das lass ich mir nicht gefallen! Das geht Sie nichts an! Ich verbitte mir Fragen, die sich auf mein Privatleben beziehen!“
  • Suche dir Verbündete, sprich mit Kolleginnen und Kollegen, denen du vertraust. Oft stellt sich heraus, dass auch andere ähnliche Erfahrungen mit dem Täter oder der Täterin gemacht haben. Abwehrmaßnahmen sind umso wirkungsvoller, je mehr sich wegen des gleichen Problems zusammentun.
  • Oft ist ein klärendes Gespräch mit dem Täter oder der Täterin erfolgreich. Du kannst dich dabei auch von einer Person deines Vertrauens begleiten lassen.
  • Schreib alle Vorkommnisse in einem Tagebuch auf. Es dient der Beweissicherung. Selbst wenn du diese Aufzeichnungen nie offiziell verwenden möchtest, können sie dir helfen, dir selbst über die Vorkommnisse klar zu werden. Schreib auf, was du erlebt hast, mit Datum, Uhrzeit, Ort und auch, wer Zeuge sein könnte.

Abgesehen von diesen Punkten, ist es hilfreich, ein gutes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Auch wenn es nicht immer einfach ist: wenn du signalisierst, „Ich mag mich so wie ich bin, ich alleine bestimme die Grenzen, ich lasse mir nicht alles gefallen“, dann bietest du weniger Angriffsfläche.